In diesem Informationsbrief möchten wir die Bildungsarbeit von ECLAT und upendo mit einer aktuellen Übersicht unserer diesjährigen Projekte vorstellen. Zudem lesen Sie weiter unten die Gedanken einer jungen Frau über den Wert von Bildung für sie und andere Massai-Mädchen, welchen kulturellen Einfluss Schulbildung hat. Statt früh verheiratet zu werden, konnte sie zur Schule gehen.

Primar- und Sekundarschulen

Schüler während der Feier an der Primarschule in Bonde la Faru

In den vergangenen Monaten konnten wir bereits mehrere Schulprojekte in verschiedenen Distrikten (Karatu, Monduli, Muleba, Ngorongoro und Simanjiro) abschließen und an die tansanische Regierung als Betreiber der Schulen übergeben. Das sind die Primarschulen Bembereza, Bonde la Faru, Engorika, Kampuni, Lenaitunyo, Mazinde, Olalaa und Sukuro. Auch das Computerzentrum an der Sekundarschule in Terrat (Simanjiro) konnten wir bereits übergeben. Die anderen noch laufenden Projekte an Primarschulen werden erst im kommenden Jahr fertig.

Seit einigen Jahren schon bauen wir Stück für Stück die Sekundarschule in Emboreet auf. Sie ist mit der Mehrzweckhalle, den Laboratorien, der Bücherei und dem Computerzentrum inzwischen hervorragend ausgestattet, und im angeschlossenen Internat leben heute über 650 Schülerinnen und Schüler, die bis zum „O-level“ (Abitur) unterrichtet werden. Die letzten Bauarbeiten für die Schule werden in diesem Jahr abgeschlossen: ein weiteres Dormitorium für Mädchen, die letzten Klassenräume, weitere Wassertanks und vor allem eine Umzäunung des Geländes zum Schutz vor wilden Tieren. In den kommenden Wochen soll dann die fertige Schule in einer großen Feier übergeben werden.


Handwerkerzentrum

Die fertigen Werkstätten des Handwerkerzentrums

Ende Juli konnten nach zweijähriger Ausbildung die ersten jungen Männer und Frauen ihre Ausbildung zum Maurer am Handwerkerzentrum abschließen. Feierlich nahmen sie ihre Urkunden vom District Commissioner und uns entgegen. Die besten von ihnen erhielten von uns eine Grundausstattung mit Werkzeugen zum Start in ihre berufliche Selbstständigkeit. Gleichzeitig begann auch die Ausbildung der ersten Schreiner- und Schlosserlehrlinge, Mädchen und Jungen aus dem Simanjrio-Distrikt. ECLAT hatte die notwendigen Gebäude wie Werkstätten, Klassenräume, Mensa, Dormitorien, Toiletten und Waschräume planmäßig fertiggestellt. Auch die notwendigen Maschinen und Werkzeuge waren bereits vor Ort, sodass der Ausbildungsbetrieb pünktlich beginnen konnte.

Inzwischen sind auch die noch ausstehenden Feinarbeiten abgeschlossen, sodass wir in den nächsten Wochen das Zentrum an VETA übergeben können. VETA ist als Behörde in Tansania für die Handwerkerausbildung zuständig und hat dieses Zentrum gemeinsam mit ECLAT detailliert geplant und vorbereitet. Es wird mit Sicherheit eine bedeutende Feier mit vielen ranghohen Gästen aus Tansania und Deutschland. Wir werden darüber berichten.

Übergabe der Abschlusszeugnisse zum Maurer am Handwerkerzentrum


Was Bildung bewirkt

von Sinyati Edwards („Mamaule“)

Im November 2014 hatten wir schon einmal im Informationsbrief #2 kurz über Mamaule berichtet. Sinyati Edwards ist ihr richtiger Name, aber alle sprechen sie mit dem Kosenamen Mamaule an. Sie war damals 14 Jahre alt und hatte gerade die Primarschule mit gutem Erfolg abgeschlossen. Sie wollte unbedingt weiter lernen und zur Sekundarschule gehen, aber der Vater wollte sie traditionsgemäß verheiraten. Er hat sechs Frauen und viele Kinder, aber er hatte nur zwei seiner Kinder zur Schule geschickt. Nun aber wollte ihr Vater sie nicht weiter zur Schule schicken, nur ihr gleichaltriger Bruder (der Sohn einer anderen Mutter) hatte dieses Recht. Warum sollte sie als Mädchen auch zur Schule gehen? Wir hatten einige Gespräche mit ihm, bis er seiner Tochter die Sekundarschule erlaubte. Dank der finanziellen Unterstützung von Freunden konnte Mamaule nun in diesem Jahr die Sekundarschule abschließen – und zwar mit gutem Erfolg. Sie ist jetzt 21 Jahre und steht vor dem Beginn ihres Studiums. Sie möchte Lehrerin werden. Als Mädchen, das aus einer traditionellen Massai-Familie kommt, haben wir sie gefragt, welche Rolle Bildung in ihrem Leben und im Leben ihrer Mitschülerinnen/Kommilitoninnen spielt. Sie hat uns ihre Antworten handgeschrieben und auf Englisch zukommen lassen; wir fassen sie hier in der deutschen Übersetzung zusammen.

Das Wichtigste zuerst: Bildung hat mich vor einer frühen Ehe bewahrt. Ich wäre sonst als Mädchen verheiratet worden.

Der zweite Punkt ist mir auch sehr wichtig: Bildung hilft gegen irrige Annahmen und falsches Denken. Das Leben in der Massai-Gesellschaft wird von Tabus und irrationalen Ängsten bestimmt, dagegen helfen Fakten, und dafür braucht man Bildung. Die Bildung verschafft uns Respekt, besonders als Mädchen und Frauen. Manchmal denke ich, eine Person, die Bildung genießt, wird zu einer vollkommen anderen Person.

Und drittens: Bildung ist eine Waffe im Kampf gegen die Armut. Armut heißt bei uns, dass es jemandem nicht gelingt, für seine Grundbedürfnisse zu sorgen: für Essen, Kleidung und einen sicheren Platz, an dem er wohnen kann. Aus dieser Situation hilft nur Bildung heraus.

Weil ich zur Schule gehen konnte, hatte ich die Chance, nicht nur viel zu lernen, sondern auch andere Menschen und andere Verhältnisse kennenzulernen. Ganz wichtig war für mich zu verstehen, welche Rolle die weiblichen Genitalverstümmelung in unserer Kultur spielt. Das hat nicht nur mein Leben positiv beeinflusst, ich kann jetzt auch andere Mädchen in dieser schwierigen Sache beraten.

Bildung bedeutet nicht nur ganz viel für meine persönliche Entwicklung, sie befördert über uns einzelne Schülerinnen und Studentinnen hinaus die Entwicklung unserer Gesellschaft und unseres ganzen Landes. Was wir lernen, geben wir an unsere Kinder, später vielleicht an unsere Enkel weiter, und so geschieht über Generationen hinweg Veränderung. In unserem Distrikt Simanjiro kann man das gut beobachten: Es begann mit der besseren Versorgung mit Wasser, und jetzt haben wir einen Lebensstandard, der viel höher ist als früher. Philomena Toima ist da ein gutes Beispiel. Viele Themen gehören dazu: Wie erziehe ich meine Kinder? Wie lerne ich, besser mit Geld umzugehen und mein eigenes kleines Unternehmen zu führen? Wie kann ich mich gegen Gewalt wehren? (Viele Frauen werden von ihren Männern geschlagen.) Wie können wir es schaffen, dass jedes Kind in die Schule geht? Ein großes Thema ist natürlich auch die Familienplanung. In all diesen Bereichen ist es wichtig, dass Frauen Frauen aufklären und beraten. Wir hören auf das, was andere Frauen uns sagen. Am Ende steht eine Gesellschaft, in der wir friedlicher miteinander leben.

Deutsche Zusammenfassung: Hanna Schott

Fotos: Fred Heimbach (Juli/August 2021)

CategoryInfobrief
© upendo e.V
Fotos © Rüdiger Fessel
Design & techn. Implementierung: netzwerkstudio
Verantwortlich für Inhalte: Fred Heimbach
Übersetzungen: Marita Sand